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Montessori-Pädagogik

"Hilf mir, es selbst zu tun!"

sagte einst ein Kind zu Maria Montessori. Diese häufig zitierte Bitte enthält die Grundessenz ihres gesamten Erziehungsmodells.

Die Ärztin und Pädagogin Maria Montessori entwickelte auf Grund ihrer praktischen Erfahrungen mit Kindern ein ganzheitliches, pädagogisches Konzept. Eine Pädagogik, die voraussetzt, Kinder mit ihren Entwicklungsbedürfnissen nach Selbsttätigkeit, spontaner Aktivität und Bewegung zu unterstützen. Der kindliche Drang zu wachsen und zu lernen darf weder beschleunigt noch gebremst werden.

Eine vielfältig vorbereitete Umgebung ist das Fundament ihrer Pädagogik. Die bewusste Haltung der Zurücknahme des Erwachsenen lassen selbstgesteuerte Lernprozesse zu. Auf diese Weise ist eine kindliche Persönlichkeitsentwicklung möglich, die ein individuelles Wachsen sozialer, emotionaler und intellektueller Kompetenzen fördert.

Die wesentlichen Kernelemente der Montessori-Pädagogik auf den Punkt gebracht

Montessori entwickelte ein umfassend pädagogisches Konzept mit der Prämisse, das "Kind als eigenen Akteur seiner Entwicklung" zu begreifen. Dazu die wichtigsten Grundzüge und elementaren Ziele innerhalb eines pädagogischen Bezugsrahmen:

Montessori legt eine Konzeption der Entwicklungspsychologie der "Sensiblen Phasen" vor, deren Beachtung sie zu einem grundlegenden Prinzip für ihren pädagogischen Ansatz macht und insofern eine tragende Ebene der Montessori-Pädagogik darstellt. Sensibilitäten (Entwicklungsbedürfnisse) der jeweiligen sensiblen Phasen charakterisieren sich durch schöpferische Energien, aufbauende Potentialitäten, vitalem Antrieb und genetischen Merkmalen. Sie stehen in Wechselwirkung mit gemachten Umwelteindrücken, die die eigene Erfahrung, das freie Handeln und das eigene Wirksamsein in der materiellen Umwelt miteinschließen. Diese korrelative Beziehung zwischen Sensibilitäten und Umwelteindrücken bedingen menschliche bzw. kindliche Entwicklung als kontinuierlichen und aufbauenden Lernprozess. Auf Grund von Natur gegebener Empfänglichkeitsoffenheit betreffend Basis-Sensibilitäten besteht eine elementare Bedeutung für das Kind bezüglich seiner Organisation und Strukturierung des Gelernten (Wissen) sowie seiner Persönlichkeitsentwicklung.

Auf Grundlage der Entwicklungspsychologie der sensiblen Perioden legt Montessori ein pädagogisches Konzept für die Bildung des Menschen (Kindes) vor, was bedeutsame pädagogisch-didaktische Konsequenzen aufweist - nämlich bezugnehmend auf (1) das Rollenverständnis des Erwachsenen und (2) die Notwendigkeit einer vorbereiteten Umgebung, wobei (3) das wissenschaftliche Lernmaterial substanzieller Bestandteil der vorbereiteten Lernumwelt ist.

ad (1): Das "Neue Rollenverständnis" zeichnet sich durch das Leitbild eines indirektiven Erziehungsverständnisses aus, was im Besonderen zwei Punkte beinhaltet: (a) die Voraussetzung der Ausbildung und Förderung von pädagogisch Tätigen und (b) die daraus erwachsenden Aufgaben für den Erwachsenen betreffend einer indirekten Lenkung der spontanen Selbstbildung des Kindes. Dazu sind die Neugestaltung der Erziehungsbeziehung und ein neues Erziehungsselbstverständnis zwei Aspekte von wesentlicher Bedeutung, was die Bereitschaft inkludiert, sich auch durch das Kind bilden zu lassen, um für kindliche Lernprozesse besseres Verständnis entwickeln zu können. Eine pädagogische Fachkraft muss Techniken der indirekten Einflussnahme erwerben, sich selbst vorbereiten, pädagogische Aufgaben innerhalb der vorbereiteten Umgebung wahrnehmen können und versteht sich neben der vorbereiteten Umgebung als zweiter Pol, dessen pädagogisches Handeln Auswirkungen auf die Aktivität der Kinder hat.

ad (2): Die "Vorbereitete Umgebung" erfüllt neben der "neuen" Lehrerin, dem "neuen" Lehrer eine wesentliche Leitfunktion für die innere Ordnung und Strukturierung von Intelligenz und Personalität des Menschen (Kindes). Eine vorbereitete Umgebung ist bewusst zu gestalten und beinhaltet das Prinzip eines "Offenbarungscharakter" für die menschliche Weltentdeckung und Selbstkonstruktion. Entwicklungspädagogische und didaktische Kernkriterien der vorbereiteten Umgebung berücksichtigen den kontinuierlichen Selbstaufbau des Kindes im Verlauf der zu unterstützenden Sensibilitäten sowie seine progressiven Interessen, um Lernfortschritte bestmöglichst zu unterstützen. Selbsttätiges Tun wird durch ein breites Aktivitätsangebot an Materialien und Übungen gefördert, die sich durch eine gehobene Aufforderungskraft zum Handeln auszeichnet. Für institutionelles Lernen (Schule) hat die "freie Arbeit" strukturierenden Charakter für die Grundstruktur von Lernräumen und Lernzeiten und beinhaltet die Mischung der Lebensalter der Kinder, mit dem Ziel freie Kooperation und freie Kommunikation zu realisieren. Dem selbstbestimmten, selbständigen und eigenverantwortlichen Lernen des Kindes wird so weitmöglichst Vorschub geleistet.

Das neue Rollenverständnis von pädagogisch Tätigen und die vorbereitete Umgebung sind als Verteilung des Erziehungsbemühen auf ein "komplexes Ganzes" im Sinne der äußeren Welt als gestaltbarer Anteil der Erziehung zu verstehen.

ad (3): Montessori wählt und entwickelt eine Vielzahl an "Wissenschaftlichen Entwicklungsmaterial" unter dem Postulat, optimales Erziehungswirken kann nur erreicht werden, wenn dieses in Abhängigkeit zur kindlichen Entwicklung gestellt wird. Demnach enthält der pädagogische Auftrag auch die Aufgabe, didaktisches Lernmaterial - im Einklang mit sozio-kulturell relevanten Lerninhalten - so zu konzipieren, dass diese für die Gesamtentwicklung des Kindes eine gezielte Herausforderung in Korrespondenz mit der Abfolge der sensiblen Phasen ergeben. D.h. Auswahl-, Konstruktions- und didaktische Kriterien des Entwicklungsmaterials werden nach entwicklungspädagogischen Maßstäben festgelegt, mit dem Ziel, den Intelligenz- und Persönlichkeitsaufbau neben dem Wissenserwerb zu unterstützen. Die wichtigsten Materialeigenschaften sind Material immanent und betreffen die Bereiche der Begrenzung, der Ästhetik, der Aktivität und der Fehlerkontrolle.

Das Phänomen der "Polarisation der Aufmerksamkeit" - von Montessori als "Schlüssel zur Pädagogik" bezeichnet - meint einen Vorgang der freiwilligen Bindung der Aufmerksamkeit am Gegenstand, der die Aneignung von Bildung durch aktive Auseinandersetzung unterstützt. Dieser freie, das Kind bindende Konzentrationsprozess wird durch die Abfolge von drei Phasen gekennzeichnet und hat komplexe Bildungswirkungen intellektueller, motivationaler und sozialer Art sowie den Effekt der Normalisierung als Reorganisation und (Re)Konstruktion zur Organisation der Personalität als Einheit. Das Entstehen der Polarisation der Aufmerksamkeit setzt ein wie oben beschriebenes Rollenverständnis der Lehrenden, eine den kindlichen Lernprozess unterstützende Raumgestaltung sowie vielfältige Lernmittel (Montessori-Material) voraus.

Die Konsequenzen für die Gestaltung und Organisation von Schule sind folgende:

  • die freie Wahl der kindlichen Arbeit und Bewegung,
  • eine den kontinuierlichen Lernaufbau unterstützende zeitstrukturelle Organisation,
  • Jahrgangsauflösung,
  • Auflösung des Kollektivunterrichts,
  • Individualisierung als Basis der Gemeinschaftsbildung,
  • eigene Fehlerkontrolle gekoppelt mit Feedbackkultur statt zensurierende Bewertung,
  • gemeinsames Leitbild der Schule im Konsens aller pädagogisch Mitarbeitenden
  • eine konstruktive, partnerschaftliche Elternzusammenarbeit.